Die Welt will getäuscht sein, also werde sie getäuscht. (Papst Paul IV.)

Nichts ist gratis, diese Erkenntnis ist so alt wie die Menschheit.

 

Auf der Jagd nach dem ultimativen Schnäppchen fallen die Menschen immer wieder auf Tricks von Firmen herein, die mit wenig Aufwand viel Geld machen wollen.

Skrupellose Firmen machen sich die Bequemlichkeit der Gesellschaft zunutze. Sie rechnen damit, dass die Menschen zu träge sind, um etwas genauer abzuklären und zu hinterfragen, auch wenn sie merken, dass etwas nicht stimmt. Die meisten machen einfach die Faust im Sack. Mittlerweile weiss jedes Kind, dass man ihm einen billigen Drucker andreht, um mit teurer Tinte abzukassieren. Diese Spielchen haben längst auf andere Bereiche übergegriffen, die Liftbranche macht da keine Ausnahme.

Jeder muss Geld verdienen, wenn er morgen noch existieren will. Wer glaubt, der gleiche Lift werde plötzlich um 30% billiger, wird sich in ein paar Jahren verwundert die Augen reiben. Manchmal sind Ersatzteile nur noch beschränkt verfügbar und führen zu teuren Umbauarbeiten. Oder Komponenten werden so abgespeckt, dass ihre Lebensdauer verkürzt wird und sie früher ersetzt werden müssen. Ausweichen kann man nur schwerlich, denn einen Lift wirft man nicht einfach in den Müll wie ein Handy und kauft sich einen neuen. Die Demontage kostet Geld, der Schacht ist gegeben und für andere Konstruktionen unter Umständen nicht geeignet. Wegwerfware Lift - ein neues Phänomen.

Kleiner, dünner, kompakter jetzt auch beim Lift. Das tönt natürlich bestechend, nur über die finanziellen Konsequenzen wird nicht gesprochen. Eines Tages merken die Leute, dass sie am falschen Ort gespart haben - leider oft zu spät. Für den Betreiber frustrierend ist, wenn ein Planer oder Generalunternehmer das eingefädelt hat, weil es für ihn so einfacher ist, und er nach all den Jahren nicht einmal mitbekommt, welche Suppe er seinem Kunden eingebrockt hat. Alle treffen Entscheide, niemand übernimmt die Verantwortung. Wie bequem!

Wenn angeblich "ökologische" Antriebe mit weniger Leistung chronisch überlastet werden, verkürzt das ihre Lebensdauer. Das Oeko-Label entpuppt sich plötzlich als unökologisch, wenn man die graue Energie für den Ersatzantrieb mitrechnet. Und billiger ist es auch nicht, wenn der Antrieb häufiger ersetzt werden muss.  Doch der Entscheidungsträger hat ja eine bequeme Ausrede: Er hat sich auf ein schönes Oeko-Label verlassen.

Auch beim Service sinken die Preise oft nur vordergründig: Die Abonnementspreise werden halbiert, die Leistung aber auch - und keiner merkts, weil keiner hinschaut. Der Mieter verlässt sich auf die Verwal­tung und die ist nicht vor Ort. Bei Ausschreibungen werden Abonnemente mit 6 Services angefragt und verglichen, im Vertrag steht dann aber "Wartungsbesuch". Statt 6 Services werden nur noch 2 gemacht und 4 "Besuche" à 15 Minuten. Diese Vorgabezeit reicht nicht einmal aus, um die nach Herstellervorschriften nötigen Mindestkontrollen durchzuführen. Ist das nun clever oder Betrug? Statt vorbeugende Wartung zu machen, wird nur noch darauf gewartet, dass die Reparaturen zunehmen. Diese werden dann zu einem lukrativen Stundensatz erledigt. Die Dummen sind diejenigen Wartungsfirmen, die machen, was sie versprochen haben. Sie sind nämlich entweder zu teuer oder legen drauf.

Sich informieren und vergleichen ist aufwändig. Die meisten Mieter machen einfach die Faust im Sack und zahlen ohne viel zu fragen. Eine gute Gelegenheit für Verwaltungen, die sich Gewinnmaximierung auf die Fahne geschrieben haben. Sie erhöhen ihre eigene Provision mit möglichst teuren Vollserviceverträgen, mit denen manchmal Mietern via Nebenkosten Reparaturkosten untergeschoben werden, wohlwissend dass es illegal ist. Wo kein Kläger, kein Richter…

Schnäppchenjagd ist längst Volkssport. Vielen ist die Genugtuung, etwas "herausschinden" zu können wichtiger, als über Konsequenzen nachzudenken. Jeder freut sich über billige Produkte aus dem Ausland und bestellt sie sich im Internet. Viele überlegen nicht, dass in absehbarer Zeit auch ihr Job weg sein könnte – weil nicht nur der Händler nebenan, sondern auch dessen Zulieferer verschwindet. Jobs werden wegrationalisiert, die Produktion ins billigere Ausland verlegt. Den Arbeitslosen fehlen die Löhne, sie zahlen keine Steuern mehr und können sich auch das Kino oder im Restaurant essen nicht mehr leisten. Die ultimative Schnäppchenjagd wird irgendwann zum Bumerang für alle. Nicht die Arbeitgeber sind dafür verantwortlich, sondern die Konsumenten – also Sie und ich.

Johann Wolfgang von Goethe fasst es so zusammen: "Es ist so schwer, den falschen Weg zu meiden".

Béatrice Lüthi